Dohlen-Projekt

Schon früher gab es in Tübingen Dohlen. Sie lebten – nach schriftlichen Berichten – im letzten Jahrhundert auf den „Tübinger Türmen“. Gemeint sind wohl der Stiftskirchenturm und die Schloßtürme, wo die Dohlen mittlerweile keinen Platz mehr finden. Auch in den hohlen Bäumen der Platanenallee suchten des „Pastors schwarze Tauben“, wie die Dohlen früher im Volksmund genannt wurden, nach Brutmöglichkeiten. Vor der Sanierung der Bäume fanden dort wohl auch noch Bruten statt.

Wir entschieden uns, dort unser Hilfsprogramm anzusetzen. 1998 brachten wir an jenen Bäumen, welche von den Dohlen bevorzugt wurden, mit Hilfe der Stadtgärtnerei die ersten zehn Dohlenkästen an. Im Januar 2001 wurden zehn weitere, etwas größere Kästen in Nachbarbäumen befestigt, damit die Koloniebrüter in Gesellschaft brüten können. Im Frühjahr 2001 brüteten bereits ca. 15 Paare in den Kästen und in noch vorhandenen Baumhöhlen. Bis zum Jahr 2011 haben wir in Tübingen weitere 80 Dohlenkästen angebracht, unter anderem vor der Burse, auf dem Gelände des Stadtfriedhofes, im Alten Botanischen Garten, am Anlagensee und im Innenhof des Bürgerheims.

Seit die Dohlen wieder in Tübingen brüten, sind sie auf den Feldern des Neckartals und des Ammertals wieder bei der Nahrungssuche zu beobachten. Die Brutkästen werden zu ihrer und unserer Befriedigung gerne angenommen: mittlerweile gibt es wieder etwa 100 Brutpaare!

Dohlen brüten auch in der Tübinger Altstadt in Mauernischen und Kaminen. Leider werden geeignete Stellen oft im Zuge von z.B. Sanierungsarbeiten entfernt bzw. vergittert – so sind die Dohlen aus der Südstadt bereits weitestgehend verschwunden.

Die Tübinger Dohlen ernähren sich während der Brutzeit auch auf den Flächen des Saibens, westlich des Regierungspräsidiums. Diesen Bereich gilt es vor Überbauung und allzu intensiver landwirtschaftlicher Nutzung zu bewahren.

Seit dem Jahr 2007 werden Kastendohlen von uns beringt und die Bruten stichprobenartig geprüft – leider beobachten wir momentan einen nachlassenden Bruterfolg von vormals 3 auf aktuell 1,2 Jungenvögel pro Brut.

Im Jahr 2012 haben wir weitere zehn Kästen aufgehängt sowie einen Kasten mit Kamera ausgestattet.

Fazit: Eine schon früher in Tübingen beheimatete bedrohte Vogelart der Roten Liste ist nach starken Bestandseinbrüchen wieder zurückgekehrt und von Spätsommer über den Winter bis Ende Juni beobachtbar.

Wir fordern aber auch weiterhin von der Stadt Tübingen, auf diverse „Events“ auf der Neckarinsel, besonders während der Brutzeit von März bis Juli, zu verzichten und den „Vogel des Jahres 2012“ aktiv zu schützen.

Wir danken der Stadtgärtnerei Tübingen für die ausdauernde Unterstützung!

 

Die Wiederkehr der Dohlen in Tübingen: Ihre Verhaltensweisen und ihre Bruterfolge

https://ojs-jh-gfn.ub.uni-stuttgart.de/index.php/jahreshefte/article/view/282

DOI: https://doi.org/10.26251/jhgfn.161.2005.267-305